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No need to run and hide
It's a wonderful wonderful life
No need to laugh and cry
It's a wonderful wonderful life
~ Black,
“Wonderful Life” ~
Es war zwar nicht unbedingt so, als ob Tom gerade ein
orientalisches Puff betreten hätte, genau genommen hatte dies hier in keinster
weise auch nur irgendeine Ähnlichkeit mit Toms Vorstellung von einem
orientalischen Puff, dennoch war dies die erste Assoziation die sich ihm aufdrängte,
als er das Büro des grinsenden Haifisches betrat. Tom wurde von allgegenwärtigen,
äußerst aufdringlichen goldenen Verschnörkelungen direkt erschlagen, an den
Wänden fanden sich gerade mal noch geschätzte zweieinhalb Quadratzentimeter
Platz falls man auf die Idee kam noch zusätzlich etwas dazuzuhängen, zudem
waren sämtliche Regale voll gestopft und alle horizontalen flachen Flächen,
also Schreibtisch und Fußoden, waren mit diversen Papieren und Ordnern übersät.
Weiters beanspruchte ein riesiger Fernseher mitsamt DVD-Player und dazu
passendem Unterschränkchen ein Viertel des gesamtes Raumes für sich und an eine
Wand gequetscht duckte sich eine verschreckte Sitzecke, bestehend aus den schon
vom Vorraum bekannten schwarzen Kunstledercouchen und einem Glastisch, auf dem
sich ebenfalls etliche Papiere und Ordner munter tummelten und durcheinander
wieselten. Herr El Hammoud ließ sich in einen schwarzen Sessel fallen und
bedeutete Tom mit einem geistesabwesenden Wedeln seiner rechten Hand ebenfalls
Platz zu nehmen.
„Nun,
errzäll mirr wass überr dich!“ Tom holte tief Luft, denn er konnte es absolut
nicht leiden wenn ihm jemand während eines Vorstellungsgespräches diese Frage
stellte, obwohl diesem ja bereits die wichtigsten Daten bekannt sein mussten
wenn die Bewerbungsunterlagen zumindest kurz überflogen worden waren. Dies
interpretierte er als Desinteresse an seiner Person, bzw. an ihm als
potentiellen zukünftigen Arbeitnehmer. Da trotzdem mit schöner Regelmäßigkeit
diese Frage immer wieder gestellt wurde hatte er sich eine passende Strategie
zurechtgelegt indem er einfach das Wichtigste und sowieso Offensichtliche aus
seinem Lebenslauf wiederholte und mit ein paar kurzen aber sehr nebensächlichen
Fakten, wie zum Beispiel das Alter seines Katers und seiner bevorzugten
Zigarettenmarke würzte.
„Inglisch?“
unterbrach ihn der orientalische Hobbit völlig respektlos mitten in Toms
Ausführungen über sein Leben und den
ganzen Rest. Diese Frage verwirrte ihn ein wenig, denn er wusste nicht ob
ihm nun gerade eine Tasse Tee oder vielleicht ein Steak angeboten wurde, bis
ihn sein Verstand dann doch wieder einholte und ihm klar wurde dass man sich
soeben nach seinen Fremdsprachenkenntnissen erkundigt hatte.
„Natürlich“
erwiderte Tom kurz und knackig.
„Wie gutt bisst du, wie viele Perrcent glaubsst
du kannsst du inglisch?“
„Pfuh, ich schätze mal ca. 80 Prozent“ antwortete Tom.
Ein rundliches, olivenhäutiges Gesicht schaute ihn mit hellbraunen Äuglein und
beiden hochgezogenen Augenbrauen sehr erstaunt an.
„So vieeeele? Wirrklich? Ich
traue mich nur su sagen sechzisch Perrcent. Well, how can I be sure that you
won’t leave me in one or two month?” Dies war nun wohl ein lächerlicher
Versuch des kleinen Teppichhändlerverschnitts Tom aus dem Konzept bringen zu
wollen, aber so leicht ließ Tom das nicht mit sich machen und er konterte in
schönem Oxfordenglisch mit einem kleinen Diskurs darüber wie gerne er einen Job
und eine Firma finden würde in der er bis zur Pension bleiben könnte, dass es
nur leider niemals in seiner Macht lag dies zu realisieren und wie sehr er sich
freuen würde wenn ihm dies nun hier in dieser Firma endlich gelänge.
Nach ca.
45 Minuten, gespickt mit sehr vielen ähnlichen Fragen und etlichen Finten,
überraschte der bereits leicht schwitzende Zwerghai den nun ebenfalls ins
schwitzen gebrachten Tom mit einem wie nebenbei und lässig hingeworfenen „Wann
kannsstt du anfangen?“ Mit dieser Frage wurde Tom nun doch aus dem Konzept
geworfen.
„Äääähhh…. Ich weiß nicht, also, da ich ja auf Arbeitssuche bin und
sonst nicht großartig viel zu tun habe könnte ich prinzipiell sofort anfangen.“
„Gutt, dann kommst du morrgen!“ schmetterte ihm dieser kleine durchtriebene Mistkerl von zukünftigem Arbeitgeber den Ball
wieder zurück.
„Okay, wann soll ich da sein?“ Die Flucht nach vorne, fand Tom,
ist nunmehr die einzig mögliche Vorgehensweise, außerdem brauchte er ja
dringend den Job. Also sagte er zu am nächsten Morgen, einem Freitag, um acht
Uhr als neuer Arbeitnehmer im Büro zu erscheinen und Habt Acht zu stehen, wie man in Tirol so schön zu ähnlichen
Anlässen sagte.
„Bissst du glügglisch?“ frug nun doch tatsächlich Toms frischgebackener Chef.
„Nun ja, natürlich.“ Gab Tom zurück und versuchte sein
Lächeln noch breiter wirken zu lassen als jenes das gerade von Herrn El Hammoud vorgeführt wurde.
„Das
gehört jetzt aber anständig gefeiert“ dachte sich Tom als er sich bereits auf
der Heimfahrt auf der Inntalautobahn befand und beschloss spontan in Da Haus, einer WG die sich gleich ein
ganzes Haus gemietet hatte und deren Bewohner sich zur einen Hälfte aus zwei
seiner besten Freunde, Herbert genannt Herbie
und Stefan den alle Stiefel nannten
und zur anderen Hälfte aus seinen beiden Brüdern, Johannes genannt Little Joe und Nick, Big Nik genannt, zusammensetzte,
vorbeizuschauen. Diese Jungs waren ca. zehn bis zwölf Jahre jünger als Tom. Das
ganze Haus, bzw. die sich darin befindlichen PCs waren alle miteinander
vernetzt, da jeder der Bewohner auf die eine oder andere Art ein Computerfreak
war, aber natürlich nicht mit professionell verlegten Leitungen, sondern mit
quer über den Fußboden verlegten und an den Wänden entlang gespannten und mit
Klebeband befestigten Kabeln. Ähnlich sah auch der Rest des Hauses aus. Nahezu
jede Fläche die nicht regelmäßig benutzt wurde war verstaubt, in der Küche befanden
sich permanent bereits seit Tagen irgendwelche ominösen Essensreste, die Möbel kamen
vom Sperrmüll, beziehungsweise waren von Bekannten und Verwandten übernommene
alte abgelegte Möbel, die ansonsten auf dem Sperrmüll gelandet wären, überall standen
übervolle Aschenbecher oder zu Aschenbechern umfunktionierte sonstige Behältnisse wie Untertassen, leere Bier- und Getränkedosen oder auch mal ein
Teller mit den bereits erwähnten Essensresten, welcher dann ganz pragmatisch zum
Aschenbecher erhoben wurde herum. Das Haus stand jedem offen der guter Dinge
war, nichts Böses im Sinn hatte und nichts dagegen hatte sich kindisch zu
benehmen… oder Bier mitbrachte... oder weiblichen Geschlechts war. Kurzum, Tom
fühlte sich dort sauwohl und verbrachte so oft es ging seine Zeit in seinem Jugendzimmer, wie er es bei sich und
Manuela gegenüber gerne nannte. Da Tom nun definitiv nicht weiblich war und
sich auf die Schnelle auch sicher keine adäquate weibliche Spontanbegleitung
auftreiben lassen würde, schaute er noch kurz beim Supermarkt vorbei um zwei
Sechsertragerl, eines mit Bier und zusätzlich eines mit Radler zu besorgen. Am
Parkplatz stehend rief er noch kurz bei Manuela an um ihr erstens die frohe
Botschaft der neuen Anstellung und zweitens den Entschluss dieses Ereignis in Da Haus gebührend zu feiern mitzuteilen
und fuhr dann sehr gut gelaunt und an den Song „Our House“ von „Madness“
denkend wieder los, um das soeben gekaufte Bier seiner Bestimmung zukommen zu
lassen. Vor Übermut ließ er sogar ein wenig beim Anfahren gutgelaunt die Reifen
quietschen
Es hatte
sich so eingebürgert dass sich immer alle Besucher und auch die meisten der
Mitbewohner in Herbies Zimmer zusammenfanden, obwohl dem Haus ein riesiges
Wohnzimmer zur Verfügung stand. Keiner wusste warum das so war und wie es dazu
kam. Vermutlich lag es daran dass Herbie immer Musik aus dem PC über eine ziemlich
gute und gerne auch mal zu laut eingestellte Anlage laufen lies, dazu jedoch im
Wohnzimmer keine Möglichkeit bestand, denn niemand hatte eine Stereoanlage
übrig um sie der Hausgemeinschaft zu stiften, damit man auch mal im Wohnzimmer
anständig Party feiern hätte können. Das Wohnzimmer war eigentlich nur für
etwaige Film-Events reserviert, denn manchmal brachte Herbie von seinem Job als
Trainer und Seminarleiter für diverse Computerprogramme übers Wochenende einen
Beamer mit, welcher dann immer während ausufernden Filmabendmarathons, zusammen
mit der von Herbie aus seinem Zimmer bereitgestellten Anlange, an seine
Leistungsgrenzen und mit schöner Regelmäßigkeit auch an jene der teilnehmenden
Zuschauer, geführt wurde.
Diesmal befanden sich zu Toms großer
Überraschung außer Herbie noch zwei offensichtlich blutjunge und veritabel
hübsche Girlies im dämmrigen und bereits hoffnungslos verrauchten Zimmer. Tom überraschte dies deshalb sehr, da es bisher noch nie vorgekommen war, dass sich
junge Mädchen freiwillig in diese Männerwirtschaft, bzw. in dieses von Nerds
verursachte Chaos begeben hätten. In Toms Kopf fing gerade „Hey, Little Girl“
von Icehouse“ zu spielen an. Noch mehr staunte Tom jedoch, als er bei näherer
Betrachtung den Eindruck gewann, dass dies nicht nur einfache Girlies waren,
sondern dass man diese Spezies eigentlich eher als Tussen bezeichnen musste, und diese waren so ganz und gar nicht
Herbies Beuteschema. Genau genommen fielen Tussen
in diesem Haus in niemandes Beuteschema. Da sie aber beide sehr kurze Röcke
trugen, dazu tiefe Ausschnitte, ansonsten auch recht angenehm anzusehen waren,
beide auch noch am Boden saßen, bzw. fast schon lagen und getreu dem altem
Zickenmotto mit Reizen niemals geizen
sich dort herumräkelten, was sowohl
Herbie als auch Tom hoffen ließ noch tiefere Einblicke in das Wesen dieser
beiden Geschöpfe zu bekommen, störte auch das tussenhafte Benehmen der beiden
Mädels nicht weiter. Die beiden Erscheinungen stellten sich als Angela, bzw. Angie und Maria, bzw. Mary, 17 und 18 Jahre jung vor und
kicherten dabei allerliebst, wie Tom fand. In seinem fortgeschrittenen Alter
von nun doch bereits fast 40 Jahren und im Hinterkopf die bevorstehende physische
Trennung von Manuela (mental hatte die Trennung ja bereits stattgefunden) machten
ihn neuerdings sehr empfänglich für diese Art von weiblichen Reizen. Auch
Herbie grinste bereits vielsagend.
Nachdem
Tom seine Bierchen verteilt hatte, Herbie einen alte Flasche irgendeines
billigen hochprozentigen Gesöffs zur Verfügung stellte und beides bereits in
vollen Zügen, vor allem von den beiden Augenweiden genossen worden war,
beschloss Tom, sei es aus einer plötzlichen Erkenntnis heraus, aus einer
aufblühenden Midlife-crisis oder einfach nur weil er bereits zu viel Alkohol
intus hatte, sein Leben ein wenig aufregender zu gestalten und schlug vor dass es
doch eine gute Idee wäre ein Gesellschaftsspiel zu spielen und dass man dies doch
dadurch auch noch ein wenig interessanter machen könne wenn man als Verlierer
ein Kleidungsstück ausziehen müsse. Er rechnete zwar nicht wirklich mit der
Zustimmung der beiden Mädels, aber diese hatten wohl entweder ebenfalls gerade
beschlossen ihr Leben, bzw. zumindest diesen Abend ein wenig aufregender zu
gestalten, oder aber auch hier war schlicht und einfach nur der Alkohol am Werk. Tom und auch Herbie war es irgendwie total egal warum die Mädchen so
freizügigerweise bereit waren bei dem Blödsinn mitzumachen, die Hauptsache war
DASS sie es waren. Die Runde einigte sich nach kurzer Beratung auf das beliebte
Spiel „ich packe meinen Koffer“. Die Zimmertür wurde vorsorglich geschlossen und
versperrt und Herbie fing an:
„Ich packe meinen Koffer und nehme mit….“ Er
überlegte kurz „…meinen Laptop“ begann er das Spiel auf recht simple weise. Nun
war Mary, die ältere der beiden, an der Reihe:
„Ich packe meinen Koffer“ quieckste sie „und nehme mit meinen Laptop und…“ auch sie überlegte kurz „….und
meinen pinkenen Lippenstift“ schloss sie.
„Ich packe meinen Koffer“ begann nun Angie „und nehme mit….“ Das Mädchen musste jetzt bereits schon überlegen „…
meinen… ääähhh… Laptop“ sie kicherte erleichtert „…meinen pinkenen Lippenstift“
so etwas konnte sie sich offensichtlich leicht merken „und meinen Bikini“
beendete sie ihre Runde. Nun war die Reihe an Tom.
„Ich packe meinen Koffer und
nehme mit, meinen Laptop, meinen pinken
Lippenstift, meinen Bikini…“ allgemeines Gelächter brach an dieser Stelle aus,
denn nun stellte sich jeder vor wie Tom tatsächlich einen Lippenstift und einen
Bikini einpackte „und meine Desoxyribonukleinsäure!“ schloss Tom sein
Kofferpackrunde.
Nun genoss er das betretene Schweigen der beiden Mädchen,
denen nun wohl dämmerte worauf sie sich gerade eingelassen hatten, lehnte sich
zufrieden zurück, nahm einen Schluck von seinem Radler, zog an dem Joint den Herbie
gebaut hatte und der gerade durch die Runde seine Kreise zog und reichte diesen
wieder an seinen alten Kumpel zurück, gerade als jener seine Runde Koffer packen mit „…und ein Päckchen
Tetrahydrocannabol“ beendete. Tom grinste sehr, sehr breit. Das Leben war schön!
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