ist das sogenannte "real life", also das "echte leben" da draussen, wirklich um so vieles besser als das virtuelle leben? meine antwort ist ein entschlossenes "jein"!
es bleibt natürlich unbestritten, dass ich echte menschen auch nur im echten leben kennenlernen kann. dazu muss ich aus dem haus, ich muss mich zu einem bestimmten zeitpunkt an einen bestimmten ort begeben, selbstverständlich muss ich mich dazu auch gesellschaftsfähig adjustieren und je nach aufwand kostet mich das ganze auch noch geld, ausser ich gehe zu fuß und man trifft sich im park. dies mag sich jetzt erst mal wie eine auflistung von dingen lesen, die gegen ein treffen im echten leben sprechen, ist es zugegebenermaßen auch, doch heißt das noch lange nicht, dass all diese dinge für jeden relevant sein müssen.
zerlegen wir das ganze mal in seine einzelteile:
wer sowieso ständig und täglich das haus verlässt hat sowieso kein problem damit. wer so gut wie nie aus dem haus geht, vielleicht sogar ein echtes problem damit hat, für den wird es sehr schwierig. andererseits wäre es eine gute gelegenheit sich diesem problem zu stellen.
zu einem bestimmten zeitpunkt an einem bestimmten ort zu sein ist jedoch schon für manche durchschnittsmenschen ein echtes problem. im virtuellen raum ist das kein problem, den hat man ja sowieso entweder bei sich, oder ist in seiner nähe. wenn skype klingelt, oder sonstige benachrichtigungen eintrudeln checkt man das recht schnell.
dass man zuhause ganz bequem im schlafanzug, in der unterwäsche, im uralten schlabbrigen jogger oder gar nackt vor dem pc sitzen kann, wird kaum jemand bestreiten. und so mancher wird zustimmend mit dem kopf nicken, denn nahezu jeder hat sich schon mindestens ein mal so vor den pc gesetzt, wie er sich garantiert niemals in der öffentlichkeit zeigen würde. das ist nun mal verdammt praktisch.
dass mich der kaffee, das bier, der snack und alle dinge die ich nebenbei konsumiere bei weitem nicht so viel kosten werden, wie in einem lokal in dem man sich ansonsten vermutlich treffen wird, ist auch logisch. mal ganz davon abgesehen, das ich mir die anfahrt spare.
wie man sieht, sich im virtuellen raum zu treffen ist um einiges praktischer, als im echten leben - mit einer ausnahme: man hat sich eben nicht leibhaftig erlebt. auch skypen samt cam kann das nicht ersetzen. es ersetzt auch nicht den sonnigen nachmittag auf der kaffeehausterrasse oder das sensationelle eis, das ich dort genießen könnte.
so haben beide welten ihre vor- und nachteile.
ein großes argument der real-life-fanatiker ist jenes, das ich gerade kurz mit dem sonnigen nachmittag angerissen habe. das virtuelle erleben kann das leibhaftige erleben nicht ersetzen. was dabei jedoch übersehen wird ist, dass ich mir virtuell zumindest eine ahnung von all dem holen kann, was ich sowieso niemals persönlich erleben können werde. hat sich nicht jeder schon mal auf google maps oder google earth gegenden angesehen, die er ganz sicher niemals persönlich bereisen wird? oder sucht sich nicht jeder informationen über wikipedia heraus, für dessen beschaffung er in einer herkömmlichen bibliothek stunden, wenn nicht tage brauchen würde? kaufen wir nicht alle das eine oder andere im internet ein, weil wir es ansonsten entweder gar nicht, oder nur unter schwierigkeiten bekommen würden? und kommunizieren wir nicht alle hauptsächlich per email, sms, whatsapp, skype oder sonstigen messengern, anstatt briefe und postkarten zu schreiben? wann hat man denn das letzte mal einen persönlichen brief oder eine persönliche postkarte von hand geschrieben und per schneckenpost verschickt? und gar nict so wenige menschen lieben es sich alleine zu hause an den pc zu setzen und dann doch zusammen mit anderen zu spielen. womöglich in unterhose und mit billigbier und mikrowellenpizza neben sich - aber das sei ihnen ja auch unbenommen.
ich genieße es mit vielen interessanten menschen virtuell in kontakt zu sein, zu sehen und zu lesen was sie bewegt, was sie lustig oder dramatisch finden, welche musik sie hören, welche filme und serien sie sehen, ja sogar welche bücher sie lesen, welche technik sie benutzen und so weiter und so fort. und ich mache genau das selbe. ich teile aspekte meines lebens mit menschen die mir zwar in den allermeisten fällen nicht persönlich bekannt sind, aber sehr wohl virtuell. die qualität einer guten virtuellen freundschaft ist meines erachtens nach nicht zu unterschätzen und kann sehr schnell die einer schlechten realen freundschaft übertreffen.
ich möchte weder das virtuelle gut reden, noch das reale schlecht machen. beides hat seine vor- und nachteile und eines über das andere zu stellen wäre meiner meinung nach falsch. es existiert nebeneinander, ergänzend zueinander. so wie bücher aus papier und e-books. wir leben ein virtureal life.
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