wer ist letztendlich wirklich verantwortlich, wenn arbeitnehmer unter völlig unhaltbaren bedingungen arbeiten müssen?
der arbeitgeber sagt "der markt, bzw. der konsument verlangt niedrige preise. diese erreiche ich nur, indem ich meine kosten minimiere."
der arbeitnehmer sagt "ich habe keine wahl. entweder verhungern, oder unter diesen bedingungen arbeiten."
der konsument sagt "ich orientiere mich am bestpreis".
ein teufelskreis! doch versuchen wir das mal zu zerlegen, bzw. ICH versuche das mal zu zerlegen:
der arbeitgeber
dass dieser versucht konkurrenzfähig zu bleiben, ist natürlich legitim. wenn die firma draufgeht, sind auch die arbeitsplätze weg, also versucht man einzusparen. und wenn alle lieferanten- und transportpreise schon bis ins unerträgliche nach unten gedrückt worden sind, die arbeitsplätze , bzw. arbeitsbedingungen schon unter aller sau sind, dann spare ich auch noch am lohn. wenns dem arbeitnehmer nicht passt, dann warten draussen schon 50 andere die gerne seinen platz einnehmen wollen.
in westlichen ländern ist der arbeitnehmer zum glück NOCH relativ gut geschützt, wobei es hier auch nochmal drauf ankommt in welchem land man das glück oder pech hat sein geld verdienen zu müssen. in lateinamerika, auf dem afrikanischen kontinent, in den arabischen ländern und vor allem im asiatischen raum, sieht es da schon wieder ganz anders aus. hier kann man es als arbeitgeber ziemlich weit treiben, da ist kinderarbeit noch die spitze des eisberges. aber wo kein kläger, da kein richter.
der arbeitnehmer
in nicht westlichen ländern hat der arbeitnehmer in der regel die arschkarte. hier steht er vor der wahl entweder zu verhungern, oder eben unter den gegebenen bedingungen zu arbeiten. mitspracherecht, arbeitnehmerschutz oder ähnliches, gibt es kaum bis gar nicht.
in den westlichen ländern ist der arbeitnehmer jedoch mehr oder weniger gut geschützt, bzw. wird von einem sozialen netz aufgefangen wenn mal was nicht so gut funktioniert. hier hat man in der regel sehr wohl die wahl. ich muss ganz sicher keinen unterbezahlten job mit miesen arbeitsbedingungen annehmen, denn erstens gibt es vorschriften und gesetze die soetwas unterbinden und zweitens sehe ich zum glück nicht dem hungertod ins auge. mir geht es finanziell zwar nicht gerade hervorragend, aber es wird nicht lebensbedrohlich.
doch diese für den arbeitnehmer günstigen bedingungen werden immer weiter unterwandert. teilweise sogar mit unterstützung, oder auch nur mit billigung des staates, bzw. staatlicher institutionen. ich erinnere nur an den fall amazon vor ca. eineinhalb jahren. hier wurden arbeitskräfte aus ganz europa damit geködert, dass sie einen job beim rennomierten arbeitgeber amazon in deutschland bekommen. also wurden aus ganz europa tausende menschen nach deutschland gekarrt, denn hier erwartete sie ja das vermeintliche arbeitsparadies. was sie dann jedoch erwartete war kein job bei amazon, sodnern sie wurden über leiharbeitsfirmen angestellt, natürlich auch nicht zum ursprünglich versprochenen lohn, sondern mit kürzungen um über 10%. diese leiharbeiter wurden in ferienlagern in bungalows zusammengepfercht, bekamen dort zwar auch ihre verpflegung, doch dafür wurde ihnen noch einmal der lohn gekürzt, und zwar ohne dies gesondert auf dem lohnzettel auszuweisen. freizeit gab es im prinzip keine, es gab ja nicht einmal privatsphäre, weil man auf schritt und tritt von securityleuten überwacht wurde, sogar wenn man nicht in seiner unterkunft war, wurde diese immer wieder mal in abwesenheit einfach so "kontrolliert". zustände wie im kz möchte man fast sagen.
und dies alles fand mit hilfe, mit billigung und mit unterstützung der arbeitsämter statt! nun, vielleicht nicht ganz. aber zumindest wurden von den ämtern die grundbedingungen geschaffen.
hier hatten die westlichen arbeitnehmer auch keine wahl. von weiss gott woher herangekarrt, standen sie mitten in deutschland im nirgendwo und standen vor der wahl entweder unter diesen bedingungen zu arbeiten, oder zu sehen, wie sie nun wieder nach hause kommen.
zugegeben, dies ist ein extrembeispiel, doch das muster setzt sich fort. jeder kennt irgendjemanden, der schlechte bedingungen hinnimmt, weil er seinen job nicht verlieren möchte. dass es ihm vielleicht ohne diesen job besser ginge, auf diesen gedanken kommt kaum jemand. oder dass es woanders vielleicht einen besseren gäbe. erst wenn der arbeitgeber niemanden mehr findet der zu diesen bedingungen bei ihm arbeiten möchte, dann wird dieser etwas an den bedingungen ändern. dummerweise findet sich immer jemand....
der konsument
der normale durchschnittskonsument hat durchaus die wahl. er kann sich aussuchen was er einkauft und wo er es einkauft. und trotzdem suchen sich die meisten den bestpreis heraus, auch wenn es gar nicht nötig wäre, denn geiz ist geil und wenn man da und dort was spart, dann geht sich vielleicht auch noch das tablet aus - natürlich auch wieder zum bestpreis.
doch durchschnittskonsumenten gibt es nicht mehr viele. die schere zwischen arm und reich klafft immer weiter auseinander und der mittelstand verschwindet heimlich, still und leise. was bleibt, ist die große masse jener, die wirklich jeden euro 3 mal umdrehen muss. und ich rede hier noch nicht mal von arbeitssuchenden oder sozialfällen, sondern von jenen, die früher mal als mittelstand galten, die familie mit 2 kindern und einem hund, einem 15 jahre altem auto, und mietwohnung. die familie, in der beide elternteile arbeiten gehen müssen, weil sonst hinten und vorne das geld fehlt. in dieser familie hat jetzt jedoch nicht jeder sein eigenes smartphone, hier hat nicht jedes kind seinen eigenen laptop, hier stehen nicht xbox, playstation und blue-ray player in trauter eintracht unter dem großen flachbildfernseher. nein, hier spielen sich dramen ab wenn der kühlschrank eingeht, weil das geld für einen neuen fehlt, oder somit der urlaub gestrichen werden muss. DAS ist die realität, DAS ist die durchschnittsfamilie!
und warum ist das so? weil beide zwar arbeiten, aber gerade mal den mindestlohn, oder ein bisschen darüber bezahlt bekommen. den ausdruck "working poor" gibt es übrigens nicht erst seit gestern.
und in solchen familien muss man sich halt genau überlegen wie man am besten über die runden kommt. das geht dann eben nur wenn man bei kik und lidl einkauft. und bei amazon.
und wem schieben wir nun die verantwortung in die schuhe?
sicher mal nicht dem konsumenten. es heisst zwar immer, dass nachfrage das angebot bestimmt, aber so ganz stimmt das nun auch wieder nicht. ich brauche kein tshirt um 5,-, ich zahle auch gerne 10,- dafür, von mir aus auch 15,- oder 20,- wenn es ganz besonders toll ist. doch wenn mir das shirt um wenig geld passt und gefällt, dann nehme ich natürlich lieber 2 davon, anstatt nur eines zum doppelten preis. wenn der liter milch hier 80 cent kostet und dort € 1,20, na welche werde ich wohl nehmen? ja klar, wenn ich es mir leisten kann und es mir scdheissegal ist, ob ich für den vollen einkaufswagen 80,- zahle, oder für die selbe menge an den im grunde selben produkten nur 50,-, dann werde ich natürlich zu hochwertigen und regionalen produkten greifen. dann kaufe ich meine kleidung auch nicht im kik, sondern woanders. und wenn es keinen kik oder lidl gibt, dann habe ich eben nur 3 shirts anstatt 10, dann gibts nur 2 mal die woche fleisch, anstatt 5 mal, dann ist mein kaufverhalten völlig anders.
und wenn ich einen normalen job habe mit einem normalen gehalt, so dass ich normal leben kann, dann tue ich das auch. dann hat der handel was davon und somit auch die produzenten. wenn handel und produzent davon profitieren, dann können sie das auch an den arbeitnehmer weitergeben, der das dann wieder in form seines konsumverhaltens wiederum zurückgibt.
so viel zur theorie. doch wie läuft es in wahrheit ab?
in wahrheit traut sich niemand das eingefahrene muster zu durchbrechen. der arbeitgeber traut sich nicht in arbeitskraft und/oder arbeitsbedingungen zu investieren, da dadurch sein produkt teurer wird und er unter umständen nicht mehr konkurrenzfähig bleibt. der arbeitnehmer traut sich nicht zu versuchen seine bedingungen zu verbessern, da er sonst bald auf der strasse stehen könnte. und der konsument MUSS weiterhin dem bestpreis nachjagen, weil er als mindestlohnarbeitnehmer oder sozialfall einfach keine andere wahl mehr hat.
wer von diesen dreien kann es sich wohl am ehesten leisten ein risiko einzugehen? ich sage, es sind zu gleichen teilen der arbeitgeber und der arbeitnehmer. zumindest in der westlichen welt. wer gute arbeitsbedingungen schafft und gute gehälter. bzw. löhne zahlt, der hat zufriedene und somit gute und motivierte mitarbeiter, die ihr geld dann auch wieder für normalpreisige produkte ausgeben. und der arbeitnehmer muss aufhören so zu tun, als ob "arbeit" an sich das höchste gut wäre. nicht die arbeit ist wichtig, sondern das auskommen und die bedingungen zu denen man sich das einkommen verdienen muss. der arbeitgeber wird immer versuchen den billigsten arbeitnehmer zu bekommen, doch erst wenn niemand mehr zu unterirdischer bezahlung arbeiten geht wird sich die bezahlung verbessern. da nützt es nichts wenn wir amazon boykottieren weil dort so unmenschliche bedingungen herrschen, das merkt amazon vermutlich nicht mal. amazon hat aber genau dann ein problem, wenn sie keine lagerarbeiter mehr bekommen. ganz einfach. genau so ist es auch bei kik und lidl und was weiss ich wer sonst noch auf der schwarzen liste steht.
ich weigere mich vehement mir als konsument die verantwortung für schlechte arbeitsbedingungen zuschieben zu lassen! ich weiss ja oft genug nichts davon! und ich habe nun wirklich keinen bock vor jedem einkauf den ich irgendwo tätigen möchte (oder muss) erst mal zu recherchieren. nicht ich schaffe die schlechten arbeitsbedingungen, sondern der arbeitgeber. und der arbeitnehmer nimmt sie hin. nur weils ein shirt um 5 euronen gibt und ich es kaufe, heisst das doch noch lange nicht, dass ich nicht auch eins um 10 euro kaufen würde, wenns keins um 5 gibt. und wenn 5.000 spanische leiharbeiter bei amazon mitten im wiehnachtsgeschäft im lager stehen und gemeinschaftlich sagen "leck mich am arsch, such dir doch andere deppen die zu diesen bedingungen arbeiten wollen", dann wäre amazon am zug, und nicht ich als konsument. dann zahl ich halt 2,50 versandkosten, was solls? ich kaufe ja sowieso hauptsächlich nur gebrauchte bücher um ca. 1 euro das stück. scheiss drauf. dann sinds halt nur 10 bücher statt 13....
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen