"schreib in deinem blog doch mal was über toleranz" meinte mal jemand zu mir. und ich war so blöd und sagte "ja ok, kann ich machen".
nun sitze ich also hier und stehe vor der aufgabe (das wäre mal ne scherzfrage: wann sitzt und steht man zugleich?) etwas halbwegs sinnvolles über toleranz zusammenzuschustern. das problem dabei ist, ich kann das nicht. nun, ich kann mir schon den einen oder anderen gedanken aus den fingern saugen, aber im grunde möchte ich das nicht. ich bin kein philosoph, kein sektenführer oder guru, ich bin weder motivator, noch coach, kein theologe und auch sonst nicht sonderlich prädestiniert meine ansichten zu diesem thema kundzutun.
ich machs jetzt aber trotzdem, inkonsequent bin ich nämlich auch noch.
was bedeutet denn toleranz? es ist das dulden, ertragen, oder auch gewähren und bestehen lassen von ansichten oder handlungsweisen anderer, mit denen man jetzt eigentlich nicht sonderlich einverstanden ist.
und wie weit darf toleranz gehen? es gibt hier den schönen spruch "meine toleranz endet dort wo deine intoleranz anfängt". das trifft es ziemlich genau.
weiters gilt noch, wenn schaden zugefügt wird, völlig egal ob physisch oder psychisch, dann endet meine toleranz auch an diesem punkt.
doch was, wenn es um dinge geht, mit denen alle beteiligten einverstanden sind, ausser mir? wenn ich mich in einer kultur aufhalte, in der es für dortige verhältnisse völlig üblich und normal ist, dass kleine mädchen im zarten kindesalter mit alten säcken verheiratet werden, dass mädchen und knaben aus religiösen gründen beschnitten werden, in der eben dinge geschehen, die für meine westlichen begriffen einfach absolut inakzeptabel sind, muss ich das dann tolerieren? ich sage nein, muss ich nicht. ich muss vermutlich jedoch akzeptieren, dass ich es nicht ändern kann und höchstwahrscheinlich auch, dass ich besser jetzt mal die klappe halte, weil ich mir sonst mehr als nur ein bisschen ärger einhandle. wenn diese dinge jedoch nicht dort, sondern hier stattfinden (mit "dort" meine ich welches land auch immer, in dem diese zustände als normal gelten, mit "hier" meine ich so ziemlich alle westlichen länder, in denen bereits per gesetz solche dinge verboten sind), dann ists wieder schluss mit mit klappe halten.
oder nehmen wir ein anderes beispiel, nämlich aus dem bdsm bereich. hier passieren im gegenseitigen einverständnis sehr viele dinge, über welche menschen, die mit diesem bereich einfach nichts am hut haben, nur mehr den kopf schütteln können und deshalb auch nicht verstehen wie man solche dinge zulassen kann. wenn nun also alle beteiligten einverstanden sind, wenn sie alle mündig und erwachsen sind und in keinerlei abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen - mal abgesehen von eventuellen dom/sub verhältnissen - dann steht einfach niemandem zu darüber zu urteilen. hier ist der begriff toleranz sehr stark gefordert. nur weil ich nicht drauf stehe oder nichts damit anfangen kann, muss ich meine wertvorstellungen doch nicht auf andere projizieren. die beiden (oder drei oder vier oder gleich die ganze gruppe) finden was auch immer sie tun toll, also sollen sie doch in aller ruhe machen können was sie wollen. ich muss es ja selbst nicht toll finden, aber ich muss tolerieren, dass sie es gut finden. so wie auch sie tolerieren müssen, dass ich es nicht so toll finde und bei diesen spielchen eher nicht mitmachen möchte.
das selbe gilt natürlich auch für alle anderen sexuellen konstellationen, wie zum beispiel swinger, wifesharer, homosexuelle und was weiß ich was es sonst noch an buntem in diesem bereich gibt.
man muss sich also folgende fragen stellen bevor man aufhört tolerant zu sein:
- wird physischer oder psychischer schaden zugefügt?
- werden abhängigkeiten missbraucht?
- in welchem kulturellen umfeld findet es statt?
es ist wirklich verdammt schwierig mit dieser toleranz. ganz schwierig wird es, wenn man mit ignoranter intoleranz konfrontiert wird. und ganz besonders schwierig wird es, wenn man ignorante intoleranz nur sehr schwer von berechtigter intoleranz unterscheiden kann.
ein beispiel: jemand regt sich über eine kopftuch tragende türkischstämmige mitbürgerin auf. er weiß nicht, ob sie dieses kopftuch gerne trägt, weil es für sie zu ihrer kultur und ihrer religion gehört, oder ob sie es nur trägt, weil es ihr jemand aufgezwungen hat und sie vielleicht doch lieber ohne kopftuch das haus verlassen hätte. ihn stört einfach nur das kopftuch, weil es nicht in sein weltbild passt. er ist aus meiner sicht gesehen definitiv intolerant. und ich auch, denn ich kann seine haltung nicht tolerieren. wenn er nun aber davon weiß, dass sie das kopftuch nur deshalb trägt, weil sie es muss, es aber lieber nicht täte, macht ihn das nun toleranter? und mich dadurch in weiterer folge intolerant? aber ich weiß davon ja nichts!
und muss ich dumme rassistische, diskriminierende, rücksichtslose oder sexistische arschlöcher tolerieren, nur weil ich weiß, dass sie es selbst nicht besser wissen? muss ich fremde sitten, auch wenn sie noch so menschenverachtend sind tolerieren, nur weil es in einem fremden kulturkreis so üblich ist, weil es eben immer schon so war?
und ich merke gerade wie ich anfange mich zu verzetteln. also setze ich hier besser mal den schlusspunkt.
punkt
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